Welche Aufgaben erfüllt die Leber, dieses wenig bekannte Organ?
Man muss sich die Leber überhaupt einmal vorstellen. Etwas Mut braucht es schon. Die Leber wiegt 1,5 kg. Sehen Sie die Kalbsleber vor sich, wenn Sie beim Fleischer sind? Dieses Organ ist das umfangreichste in unserem ganzen Körper. Es steht über die Pfortader in direkter Wechselwirkung mit dem Verdauungstrakt und diese wahre Pforte empfängt so alles, was Sie Ihrem Verdauungstrakt zuführen, zum Beispiel Nahrungsmittel, die anschließend in den Blutkreislauf übergehen und über diesen Weg als erstem Organ der Leber begegnen. Und so ist die Leber eine Art Verarbeitungsfabrik, die all die Rohstoffe, die vom Verdauungstrakt geliefert werden in für den Körper nützliche Verbindungen verwandelt, z. B. in Proteine, in Enzyme. Genauso wie in einer Fabrik fallen natürlich Abfälle an, die von der Leber erzeugt werden und die ordentlich umweltbewusste Leber verstoffwechselt diese Abfälle, indem sie sie in weniger toxische Stoffe umwandelt, die anschließend vom Harn ausgeschieden werden, um unseren Körper nicht zu vergiften. Ja, die Leber muss man sich wie eine Backsteinfabrik vorstellen, die viele Dinge wie lauter kleine Bausteine herstellt, die unser Leben ermöglichen. Und ohne Leber kein Leben, denn es gibt keine künstliche Leber. Die Leber hat somit Verdauungs-, Aufbau-, Umwandlungs-, Produktions- und Reinigungsfunktionen.
Welche Verbindung besteht zwischen der Leber und dem Darm-Mikrobiom?
Die Leber steht in direktem Austausch mit dem Darmtrakt. Daher sind die Verbindungen zwischen Leber und dem Darm-Mikrobiom zahlreich und irgendwie offensichtlich. Über welchen Mechanismus verläuft das? Wenn sich zum Beispiel die Darmdurchlässigkeit erhöht, dann können bakterielle Verbindungen oder Giftstoffe über das offene Tor der Pfortader vom Verdauungstrakt in die Leber übergehen. Und diese bakteriellen Verbindungen können in der Leber einen Entzündungsprozess auslösen. Aber das ist noch nicht alles. Die Leber wird zum Beispiel Gallenflüssigkeit, d. h. Gallensäuren erzeugen. Diese Gallensäuren werden in unserer Gallenblase gespeichert, gehen anschließend in den Verdauungstrakt über und werden dann in Abhängigkeit von unseren Darmbakterien von diesen umgewandelt, um dann wieder in die Leber zurückzukehren. Das bedeutet, dass je nach Darm-Mikrobiom die Umwandlungen der Gallensäuren, d. h. der Gallenflüssigkeit die von der Leber produziert wird, unterschiedlich ausfallen werden. Und das hat vielfältige Auswirkungen, nicht nur auf die Leberentzündung, sondern auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel, auf Auftreten von Diabetes, auf Herztoxizität und es kommt sogar zu einem Austausch mit dem Gehirn. Somit verläuft die Wechselwirkung zwischen Mikrobiom und Leber über die Gallensäuren. Das Mikrobiom erzeugt neben den Gallensäuren auch andere Stoffwechselprodukte, wie zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren. Und je nachdem ob diese kurzkettigen Fettsäuren in den Blutkreislauf übergehen und in Abhängigkeit von Ihrem Bakterienbestand werden nicht die gleichen Stoffwechselprodukte entstehen. Das wird in Bezug auf die Leber unterschiedliche Auswirkungen haben. Je nach unserer Ernährungsweise werden zum Beispiel manche Aminosäuren wie Tryptophan von unseren Darmbakterien anders verarbeitet. Die entstehenden Stoffwechselprodukte gehen in den Blutkreislauf über und die Auswirkungen auf die Leber variieren ebenfalls. Faktisch hängen die Wechselwirkungen zwischen Leber und Darm-Mikrobiom von der Darmdurchlässigkeit sowie von den durch die Bakterien erzeugten Stoffwechselprodukten und Gallensäuren ab. Ein anderes Beispiel: Wenn Sie Alkohol oder Zucker zu sich nehmen, können die Bakterien diesen Zucker vergären und so in Alkohol umwandeln. Der Alkohol kann die Darmdurchlässigkeit erhöhen und somit den Übergang von Bakterien in die Leber erleichtern. Diese ganzen Mechanismen sind gigantisch und letztendlich rennt man offene Türen ein, wenn man sagt, dass eine Wechselwirkung zwischen unserem Darm-Mikrobiom und unserer Leber besteht. Und was bedeutet das? Das bedeutet, dass ein Schonen unseres Darm-Mikrobioms gleichzeitig Schonung für unsere Leber darstellt.
Welche Rolle spielt die Leber bei manchen Erkrankungen der Verdauungsorgane wie z. B. NASH?
Was ist NASH? NASH ist ein Leberschaden, der durch unsere Lebensweise und Ernährung bedingt ist. Unsere Ernährung ist zu zucker- und fetthaltig und dadurch toxisch für die Leber. Warum ist das toxisch? Also wenn ich von zu viel Zucker spreche, dann sagen mir viele Patienten „Herr Doktor, ich tue keinen Zucker in meinen Kaffee und ich esse keinen Zucker“. Aber es geht nicht um diesen Zucker. Was ist Zucker? Es geht um alle stärkehaltigen Nahrungsmittel: Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Erbsen. Und neben den stärkehaltigen Nahrungsmitteln dreht es sich auch um die Fruchtsäfte, die eine sehr hohe Zuckerkonzentration haben. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele. Sie nehmen Brot. Ein stärkehaltiges Nahrungsmittel enthält 60 % Zucker. Sie sagen sich, ich esse nicht viel davon, ich nehme ein Baguettbrot. 60 % Zucker in einem Baguettbrot, ein Würfelzucker = 5 Gramm, und somit ein Baguettbrot à 250 Gramm gleich 30 Würfelzucker. Wenn mir somit ein Patient sagt „ich esse keinen Zucker, ich tue keinen Zucker in meinen Kaffee“, dann muss man bei seiner Ernährungserziehung ganz von vorne anfangen Warum ist das toxisch für die Leber? Mögen Sie Foie gras? Wie wird Foie gras hergestellt? Worin besteht das Futter für die betreffenden Gänse und Enten? Sie werden nicht mit Fett ernährt, sondern man verabreicht ihnen Getreide, denn die Leber kann den Zucker des Getreide nicht speichern und verwandelt so den aufgenommenen Zucker in Fett, wodurch sich eine Fettleber bildet. Und es gibt also verschiedene Fetttypen. Manche in der Leber erzeugten Fettstoffe sind toxisch und lösen einen oxidativen Stress aus. Große Frage: worin besteht oxidativer Stress? Eine Oxidierung in einer Zelle führt dazu, dass die betroffene Zelle kleine Geschosse aussendet. Und was tun diese Geschosse? Sie verursachen Läsionen in den Leberzellwänden und sie beschädigen auch die DNA der Leber. Und was messen Sie auf Grund der Einwirkung dieser Geschosse? Die Leberzellen werden absterben. Die Leber wird sich regenerieren und neue Leberzellen bilden. Dieser wiederholte Regenerierungsvorgang wird dieses Organ etwas ermüden und es wird ein Fibrose genanntes Narbengewebe bilden, und wenn viele Fibrosen vorliegen, bezeichnet man das als Zirrhose. Und worin besteht eine Zirrhose? Es handelt sich um einen Wundheilungsprozess der Leber. Und wenn die Leberzellen überanstrengt sind und die Leber ständig regeneriert, dann wird irgendwann eine der regenerierenden Zellen ausrasten, weil das zu viel ist, und das nennt man dann Leberkrebs. Eine einzige Zelle spielt Querläufer und so entsteht Leberkrebs. Und wenn man das alles überdenkt, versteht man, wie unser Junkfood, das zu viel Fett und zu viel Zucker - oder besser gesagt Kohlenhydrate - enthält, diese Leberregenerierung bewirkt, die die Narben der Leber auslöst, mit der mittelfristigen Gefahr einer Zirrhose und dem potentiellen Entstehen von Leberkrebs. Man sollte auch achtgeben, nicht zu sehr in Kästchen-Denken zu verfallen, indem man sagt, einerseits gibt es den Alkohol, andererseits Übergewicht und Junkfood. Das ist oft miteinander verquickt. Wenn jemand Junkfood isst, wird der Alkoholkonsum wesentlich toxischer sein. Und zu viele Leute sagen mir „Ich trinke keinen Alkohol, ich bin nie betrunken“. Aber wenn Sie Übergewicht haben und auf dem Junkfood-Trip sind, dann reichen zwei Gläser pro Tag schon aus, zur Verstärkung der durch die schlechte Ernährung bedingten schädlichen Leberläsionen.
Was sind die Feinde der Leber?
Also, die Leber hat viele potenzielle Feinde. Auf manche dieser Feinde kann man einwirken, und auf andere hat man weniger Zugriff. Einer der Feinde ist ganz klar der Alkohol, denn er wird in ein sehr toxisches Stoffwechselprodukt verwandelt, ein Aldehyd, das für die Leberzellen sehr giftig ist und diese sowie die DNA beschädigen wird. Dann gibt es das Junkfood. Das Junkfood, das wir ja schon angesprochen haben, wird eine Fettansammlung in der Leber nach sich ziehen und die Leberzellen zerstören oder abtöten. Andere Angreifer der Leber können eingenommene Medikamente sein. Wenn Sie Medikamente einnehmen, die wie zum Beispiel Paracetamol in zu hoher Dosis toxisch für die Leber sind und die Leber es nicht schafft, sie auszuscheiden, dann vergiftet das die Leber. Es gibt jede Menge andere Medikamente, die für die Leber toxisch sind. Ich will damit nicht sagen, dass man keine Medikamente einnehmen soll, sondern dass man die verschriebene Dosis einhalten muss. Und es gibt noch weitere Faktoren mit lebertoxischer Wirkung. Zum Beispiel die Viren: Derzeit geht es um Covid 19, dann gibt es die viralen Hepatitis-Erkrankungen, d. h. Hepatitis B und Hepatitis C, die auch für die Leber extrem toxisch sind. Das Interessante ist, dass sich zwei Toxizitätsfaktoren nicht addieren, sondern potenzieren, d. h. gegenseitig verstärken. Jemand der Alkohol trinkt, sich von Junkfood ernährt und an viraler Hepatitis leidet, wird wesentlich stärkere Symptome haben als jemand bei dem nur Junkfood das Problem ist. Bei Jemandem, der nur etwas Alkohol trinkt und sich ansonsten gut ernährt, wird die Lage weniger toxisch aussehen als wenn er beide Faktoren kombiniert. Und trotz alledem ist die Leber zum Glück ein solides Organ und es braucht lange Zeit, bis Leberläsionen entstehen. Aber gleichzeitig speichert der Organismus alles, insofern sollte man schon frühzeitig an das alles denken.
Sind die Feinde der Leber gleichzeitig auch die Feinde des Mikrobioms?
Ich würde sagen, von Fall zu Fall. Aber im Allgemeinen stimmt das. Wenn man zum Beispiel den Typ von Junkfood betrachtet, der in 2020 vorherrscht, dann handelt es sich um die giftigste Variante für die Leber. Wenn sich jemand schlecht ernährt, dann bedingt das eine verringerte bakterielle Vielfalt, eine verringerte genetische Vielfalt der Bakterien des Verdauungstrakts und parallel dazu eine Lebertoxizität. Junkfood wirkt entweder direkt auf die Leber ein oder über unser Darm-Mikrobiom. Also ja, es kommt da zur direkten Wechselwirkung zwischen Junkfood, Darm-Mikrobiom und Leber. Wenn Sie Alkohol zu sich nehmen, wirkt dieser direkt toxisch auf der Leberebene aber er ist gleichzeitig auch toxisch für unsere Darmbakterien und auf diese Weise indirekt auch bezüglich der Leber. Wir haben zum Beispiel aufgezeigt, dass Sie bei gleichem Alkoholkonsum aber unterschiedlicher Zusammensetzung der Darmbakterien an einer Leberstörung erkranken können oder eben nicht. Aber bei anderen Angreifern der Leber, wie zum Beispiel die Viren, Hepatitis B wird es zur direkten Wechselwirkung zwischen Virus und Leber kommen, das ist klar. Wer an Hepatitis B erkrankt, hat nicht unbedingt immer einen schweren Krankheitsverlauf, und es ist wahrscheinlich, dass je nach Immunantwort, welche ihrerseits vom Darm-Mikrobiom abhängt, eine virale Hepatitis mehr oder weniger gravierend ausfallen wird. Ich würde somit sagen, dass das Darm-Mikrobiom auf der Ebene der Toxine für die Leber eine ausschlaggebende Rolle spielt und diese toxischen Faktoren können entweder direkt auf die Leber wirken oder mittels des Darm-Mikrobioms.
Besteht eine Verbindung zwischen einer Leberstörung und einer Darm-Dysbiose?
Die Verbindung zwischen der Leber und dem Darm-Mikrobiom ist wechselseitig. Beide wirken jeweils auf einander ein. Keiner von beiden hat Vorrang - weder Henne noch Ei... Was ist denn eine Darm-Dysbiose? Der Begriff bedeutet, dass unser Darm-Mikrobiom aus dem Gleichgewicht gekommen ist. Der wünschenswerte Gleichgewichtszustand nennt sich Eubiose, und wenn das Darm-Mikrobiom aus dem Ruder läuft, dann nennt man das Dysbiose und daraus entstehen dann Krankheiten. Und das heißt also, dass die Darm-Dysbiose Leberstörungen auslösen kann. Es handelt sich um eine verringerte bakterielle Vielfalt bzw. Vielzahl, es werden anormale Stoffwechselprodukte erzeugt, es entstehen Leberläsionen und anormale Gallensäuren der Leberläsionen. Aber die Wirkung geht auch in die entgegengesetzte Richtung. Wenn Ihre Leber sich in Richtung Leberversagen, Zirrhose entwickelt, ziehen die veränderten Leberfunktionen auch Veränderungen des Darm-Mikrobioms nach sich, die eine Dysbiose bedingen. Zum Beispiel wenn sich bei Ihnen eine Lebererkrankung entwickelt, kommt es auch zur Umsiedlung von Bakterien, die normalerweise im Mund vorkommen und die nun in den Darm übergehen. Es kommt zu einem höllischen Teufelskreis zwischen einer Lebererkrankung, die die Darm-Dysbiose verschlimmert und der Darm-Dysbiose, die die Lebererkrankung verschärft. Somit besteht das Hauptziel der Ärzte und Forscher darin, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und zu durchtrennen, um einen Engelskreis auszulösen, wo eine Eubiose die Leberläsionen verbessern wird und eine erholte Leber das Darm-Mikrobiom verbessern wird.
Welche Mittel hat man heutzutage, um seine Leber und sein Darm-Mikrobiom zu schützen?
Der erste Weg zum Schutz seiner Leber und seines Darm-Mikrobioms besteht in dem Essen, das man zu sich nimmt? Ja, ich würde sagen, man muss eine gesunde Ernährung haben. Worin besteht eine gesunde Ernährung? Es handelt sich um eine Ernährungsform, die weder zu sehr zuckerreich noch zu fettreich ist und die soweit wie möglich an die mediterrane oder kretische Ernährungsweise angelehnt ist, denn dadurch schützen Sie Ihr Darm-Mikrobiom, Ihren Organismus und die Leber. Die Ernährung sollte auch nicht zu viel alkoholische Getränke enthalten. Sie haben sicher bemerkt, dass ich nicht sage „kein“, sondern „nicht zu viel“. Bitte Achtgeben: ich gebe hier allgemeine Ratschläge und es handelt sich nicht um eine individualisierte medizinische Beratung. Denn wenn jemand nicht an gesunde Ernährung gewöhnt ist und dann von heute auf morgen auf bessere Ernährung umstellt, dann wird er erstmal nur Bauchschmerzen ernten. Und wenn jemand Übergewicht hat, dann ist es nicht unbedingt eine gute Idee ihm zu sagen, dass er ruhig im Rahmen der kretischen Ernährungsweise etwas Wein trinken kann. Somit müssen diese schützenden Ernährungsveränderungen, von Fall zu Fall angepasst werden. Sie können Ihrer Leber über das Darm-Mikrobiom ebenfalls Gutes tun, indem Sie für eine präbiotisch wirkende ballaststoffreichere Ernährung sorgen, zum Beispiel über den Verzehr von Kreuzblütlern. Aber wenn Sie brutal auf diese Art von Nahrungsmitteln umstellen, an die Sie nicht gewöhnt sind, dann werden Sie Blähungen und Bauchschmerzen haben. Also noch einmal: das sind allgemeine Ratschläge, die individuell angepasst werden müssen. Wenn Sie zum Beispiel anfangen, plötzlich Knoblauch, Zwiebeln oder Schalotten zu essen, die inulinreich sind, dann werden sie die Leber schützen, sich aber Bauchschmerzen einfangen. Sie können Ihr Mikrobiom und Ihre Leber mit Probiotika schützen. Und indem Sie sich so schützen und auf Ihr Wohlergehen achten, tun Sie gleichzeitig Ihrer Leber und ihrem Darm-Mikrobiom Gutes.
Welche therapeutischen Ansatzpunkte gibt es, um die Leber zu schützen?
Es gibt eine Vielzahl von Ansatzpunkten und man muss hierbei zum Ursprung des Darm-Mikrobiom zurückkehren. Sie können bei den Bakterien ansetzen. Wenn man diese Bakterien betrachtet, dann kann einer der Ansatzpunkte sein, Probiotika zu schaffen, die unser Darm-Mikrobiom verbessern und bestimmte Organe wie zum Beispiel die Leber schützen werden. Wir arbeiten zum Beispiel in unserem Forschungsteam derzeit daran, Bakterien zu identifizieren, die wir bei Patienten isoliert haben und die die Leber schützen. Es handelt sich zum Beispiel um Patienten, deren Leber angegriffen ist und deren Leber es trotz eines sehr hohen Alkoholkonsums sehr gut geht, ganz als ob sie durch ihr Darm-Mikrobiom geschützt wären. Und wir werden hoffentlich Bakterien patentieren, die die Leber schützen können. Man kann im Vorfeld auf diese Bakterien über Präbiotika einwirken. Was sind Präbiotika? Sie sind die Nahrung unserer Bakterien. Indem man Präbiotika verabreicht, kann man darauf hoffen, das Darm-Mikrobiom und in der Folge die Leber zu verbessern. Und wir haben zum Beispiel aufzeigen können, dass die Gabe von präbiotischen Ballaststoffen - was fast einen Pleonasmus darstellt - in etwa Pektin, Mäuse heilen konnte, die an einer durch Alkohol oder Übergewicht bedingten Hepatitis litten. Und daraus entstand der Gedanke, Patienten Präbiotika zu verabreichen. Essen Sie Äpfel. Nehmen Sie Pektin zu sich. « One apple a day, keeps the doctor away » (Ein Apfel pro Tag vermeidet Arztbesuche) sagte Churchill. Neben der Einwirkung im Vorfeld mittels Präbiotika oder der direkten Einwirkung auf die Bakterien mittels Probiotika besteht ein weiterer Weg darin, durch nachgeschaltete Stoffwechselprodukte einzugreifen, die man als Postbiotika bezeichnen kann oder über von den Bakterien erzeugte Stoffwechselprodukte. Es kann sich dabei um Gallensäuren handeln, wie es zum Beispiel die Chinesen taten, die Ursodesoxycholsäure (Bärengalle) therapeutisch einsetzten. Ursodesoxycholsäure kommt von „Bär“ und ist eine schützende Gallensäure. Oder indem man andere Gallensäuren verabreicht, in der Hoffnung, die Leber zu schützen, und Gallensäuren sind Postbiotika. Man kann sich auch die Gabe von kurzkettigen Fettsäuren vorstellen, die eventuell eine Schutzfunktion für die Leber haben könnten. Ja, man kann die Lebergesundheit verbessern, über das Darm-Mikrobiom, entweder durch die direkte Verabreichung von Bakterien oder durch die Verabreichung der Vorfeldprodukte, der Präbiotika, oder durch die Gabe der nachgeschalteten Produkte, d. h. der Postbiotika und man kann hoffen, so der Leber zu helfen.
GESUNDHEITSRATSCHLÄGE
Sie werden vielfältig sein. Und wenn ich Ihnen Ratschläge gebe, dann handelt es sich nicht um punktuelle Hinweise. Es ist besser, seine Gewohnheiten allmählich zu ändern und sie dann aber auf Dauer einzuhalten. Was zuerst einmal die Ernährung betrifft, geht es hier um eine Ernährungsweise, die sich so sehr wie möglich einer entzündungshemmenden Ernährungsart annähert. Und die diesbezüglich bewährteste Variante ist die mediterrane oder kretische Diät. Was bedeutet das? Ganz konkret: Das heißt, nicht zu viele Milchprodukte, und ich meine damit einen mäßigen diesbezüglichen Verzehr und nicht ein Verbot. Nicht zu viel Zucker, und Zucker ist nicht nur im Würfelzucker enthalten, sondern in allen stärkehaltigen Nahrungsmitteln, d. h. Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Erbsen. Faktisch sind alle stärkehaltigen Nahrungsmittel reich an Zucker, der somit von unserer Leber in Fett umgewandelt wird. Und wie gesagt, mein Rat ist nicht, sie völlig zu vermeiden, sondern sie mengenmäßig zu reduzieren. Sie werden auch eine ballaststoffreiche Ernährung benötigen, denn dadurch wirken Sie auf die Darmschleimhaut und die Darmbakterien ein, Sie verstärken Ihre Darmdurchlässigkeit oder -undurchlässigkeit und Sie schützen Ihre Leber. Worin besteht das denn konkret? Eine Ernährung mit vielen Kreuzblütlern, zum Beispiel Brokkoli, oder grüne Bohnen oder vielleicht Zucchini. Kurz gesagt werden alle grünen Gemüse Ihre Leber schützen. Es muss auch auf das Obst geachtet werden. Sie müssen Früchte zu sich nehmen, aber verwechseln Sie nicht Fruchtsäfte mit Früchten, denn oft verschafft man sich ein gutes Gewissen mit dem Konsum von diesen Getränken, die aber letztendlich genauso zuckerhaltig sind wie Limonaden. Sie enthalten 80 bis 120 Gramm Zucker pro Liter. Und außerdem sind in diesem großen Zuckerschub eines Fruchtsaftes keine Ballaststoffe enthalten. Selbst wenn Sie diesen Fruchtsaft selber machen. Also wenn ich sage, Sie sollen Obst zu sich nehmen, dann heißt das zwei bis drei Früchte pro Tag essen und nicht trinken. Wenn Sie sich derart ernähren, dann werden Sie kontinuierlich Ihre Leber schützen. Wenn Sie sich nicht derart ernähren, dann müssen Sie Ihre Ernährungsweise bezüglich der regelmäßig verzehrten Nahrungsmittel verändern, damit Sie diese Essensweise auf Dauer einhalten können. Auf jeden Fall müssen Sie sämtliche im Handel angebotenen verarbeiteten Lebensmittel vermeiden, weil diese im Allgemeinen Veränderungen unterworfen sind, die entweder für die Darmschleimhaut oder das Mikrobiom schädlich sind und Entzündungen auslösen können. Was Fleisch betrifft, sollten Sie vermeiden, zu oft rotes Fleisch zu verzehren, denn dieses verändert Ihr Mikrobiom und kann die Bildung von toxischen Stoffwechselprodukten verursachen. Das sind Hammerworte, TMAO (= Trimethylaminoxid), das über die Leber sehr toxisch auf Ihre Arterien wirkt. Ja, und sich bezüglich des roten Fleisches mäßigen: ein bis zwei Mal pro Woche. Weißes Fleisch ist am besten und Fisch ist sehr gut. Mit all diesen Ratschlägen wird man sein Mikrobiom und seine Leber schützen, sich viele Lebensjahre bei guter Gesundheit schenken sowie sein Gesundheitskapital dauerhaft bewahren.
GESUNDHEITSRATSCHLÄGE: Und Alkohol?
Also, um das ganz klar zu sagen. Entweder ist man Epidemiologe, und sagt dann, ab dem ersten Glas Alkohol verringern Sie Ihr Gesundheitskapital. Zum Beispiel steigert laut Statistiken ein Glas Alkohol bei Frauen das Risiko von Brustkrebs. Aber ich betreibe keine statistische Medizin, ich mache individuelle medizinische Beratung. Und wenn man sich mit dem Mikrobiom befasst, dann geht es um individuelle medizinische Beratung. Was bedeutet das? Das heißt, dass ein Glas Alkohol nicht bei allen Frauen das Risiko von Brustkrebs erhöht. Leider kann man im Jahr 2020 noch nicht klar identifizieren, bei wem genau sich das Brustkrebsrisiko erhöht. Aber global gesehen sollten Sie schon wissen, dass Sie ab dem ersten Glas Alkohol Ihr Gesundheitskapital verringern. Also, welchen Rat sollte man geben? Ich würde sagen, machen Sie Ihren Checkup. Wenn bei dieser Gesundheitsbilanz alles im grünen Bereich ist, dann sind Sie geschützt und Sie sollten Ihre Gewohnheiten nicht ändern. Aber machen Sie regelmäßig eine diesbezügliche Bilanz. Global gesehen, wenn Sie nicht täglich Alkohol zu sich nehmen und nicht 10 g, 20 g übersteigen, dann denke ich, das ist nicht viel. Aber Achtung, 10 g entspricht einem Glas Wein pro Tag. Dann geht alles gut. Alles was darüber hinaus geht, verringert meiner Meinung nach Ihr Gesundheitskapital.
ANWORTEN AUF FRAGEN VON INTERNETNUTZERN
Wie weiß ich, ob es meiner Leber gut geht?
Das Besondere an der Leber und an den Lebererkrankungen besteht darin, dass es sich um so genannte asymptomatische Störungen handelt. Das heißt, dass die Leber gut kompensiert, selbst wenn es ihr nicht gut geht, und wenn dann die Symptome auftreten, wenn es Ihnen auf Grund der Leber nicht gut geht, dann ist es zu spät. Das heißt, wenn man sich selbst bewusstwird, dass es der Leber nicht gut geht, dann ist es zu spät. Somit kann Ihnen nur Ihr Arzt sagen, wie es um Ihre Leber steht. Ja, natürlich können Sie selbst beobachten, dass Sie Übergewicht haben, dass Sie etwas zu viel Alkohol konsumieren und dass dadurch eine Gefahr der Leberbeeinträchtigung besteht. Aber Sie werden sich trotzdem wohlfühlen. Letztendlich werden Sie ohne eine Blutprobe, ohne ein Abtasten Ihres Bauches, ohne eine Untersuchung nicht Bescheid wissen.
FRAGEN VON INTERNETNUTZERN
Wie entwickelt sich das Darm-Mikrobiom zur Dysbiose?
Vielfältige Faktoren können bedingen, dass Ihr Mikrobiom in eine Dysbiose umkippt oder stabil bleibt. Und das schwindelerregende dabei ist, dass der Auslöser schon in den ersten Lebensjahren oder sogar noch davor liegen kann, wenn man noch wohlig im Bauch seiner Mutter ist. Man muss sich in der Tat klar werden, dass das Mikrobiom in den ersten zwei, drei Lebensjahren erworben wird. Und das erworbene Mikrobiom hängt von demjenigen der Mutter ab, und von dem Geburtsvorgang, denn bei vaginaler Entbindung oder bei Kaiserschnitt wird man nicht mit den gleichen Bakterien in Kontakt kommen. Die frühkindliche Ernährungsweise bedingt, dass man beim Stillen und durch den Saugreflex auch Hautbakterien aufnimmt, bzw. bei Flaschennahrung nicht mit den gleichen Bakterien konfrontiert ist. Dann spielen die dem Kind verabreichten Medikamente eine Rolle. Wenn man ihm zum Beispiel in den ersten Lebensjahren Antibiotika gibt, kann eine Dysbiose auftreten, die vielleicht niemals „ausheilen“ und das Kind somit das ganze Leben begleiten wird. Ich möchte Ihnen keine Angst machen, aber das ist fast so wie eine Art Determinismus, diese für die Dysbiose ausschlaggebende Wirkung der zwei, drei ersten Lebensjahre, die dann das ganze Leben präsent sein wird. Und wenn das Mikrobiom erworben ist, dann können Sie es je nach Ernährung entweder schützen oder gefährden.
FRAGEN VON INTERNETNUTZERN
Welche Nahrungsmittel sollten für eine gute Gesundheit von Leber und Mikrobiom bevorzugt werden?
Also, das hängt ganz davon ab, wie es mit Ihrer Leber steht. Wenn ein Patient zu mir kommt, hängt das oft mit seiner Lebererkrankung zusammen. Im Allgemeinen, wenn es um einen durch Übergewicht bedingten Leberschaden geht, liegt das oft an einer klar unausgewogenen Ernährung, derer sich die Person oft nicht bewusst ist. Die Person ist sich der aufgenommenen Zuckermenge im weitesten Sinne des Wortes nicht bewusst. Nicht nur das Stück Würfelzucker im Kaffee oder Tee, sondern die gesamte verzehrte Fertignahrung, die zu zucker- und fettreich ist Wo kann man als Erstes ansetzen? Zum Beispiel beim Frühstück, wo man 30 bis 50 g Brot, ein Getränk und eine Frucht zu sich nehmen könnte. Und das ist schon ein Schutzschild für den restlichen Tag. Man sollte nicht bei jeder Mahlzeit stärkehaltige Nahrungsmittel zu sich nehmen. Und wenn Sie zum Beispiel Nudeln oder Reis essen, dann sollte die Menge bei 150 Gramm (gekocht) pro Mahlzeit liegen. Wenn Sie Kartoffeln verspeisen, die einem schnelleren Zucker entsprechen, dann sollten Sie sich auf 100 Gramm pro Mahlzeit beschränken. Und bei dem Abendessen sollte der Zeitraum zwischen dieser Mahlzeit und dem Schlafengehen so lang wie möglich sein, aber mindestens zwei Stunden betragen. Je später man isst, desto schädlicher wirkt die Nahrung. Und bei Leberproblemen sollte das Abendessen sehr arm an stärkehaltigen Nahrungsmitteln sein, um sich auf bestimmte Weise dem intermittierenden Fasten anzunähern. Wenn Sie keine stärkehaltigen Nahrungsmittel zu sich nehmen, dann bedeutet das eine Ruhepause für Ihre Bauchspeicheldrüse, die weniger Insulin erzeugen muss und weniger speichern wird. Schluss mit Limonaden, Schluss mit Fruchtsäften. Zwei Früchte pro Tag zu sich nehmen, wenn man ein Leberproblem hat, mit den enthaltenen Ballaststoffen, d. h. die Frucht essen und nicht als Saft trinken. Vermeiden Sie, zwischen den Mahlzeiten zu essen. Und bereichern Sie Ihre Ernährung mit viel grünem Gemüse. Die diesbezüglich von mir genannten Mengen sind ungenügend. Grünes Gemüse können Sie so viel wie möglich essen. Dann gibt es laut der traditionellen chinesischen Medizin auch bestimmte Nahrungsmittel, denen eine positive Wirkung auf die Leber zugeschrieben wird. Ich denke unter anderem an die Rettiche oder auch an Artischocken. Ich will damit nicht sagen, dass Sie eine Wagenladung von Rettich oder Artischocken zu sich nehmen sollen, sondern Ihnen zeigen, dass bestimmte Nahrungsmittel, die eher reich an Ballaststoffen oder Antioxydantien sind, Ihr Mikrobiom und Ihre Leber schützen können. Klar, wenn Sie an einer Lebererkrankung leiden, dann sage ich zu meinen Patienten bezüglich des Alkohols „SWWM“, das heißt, „so wenig wie möglich“.
FRAGEN VON INTERNETNUTZERN
Wie hoch ist der genetische Anteil bei Lebererkrankungen?
Ich würde sagen, dass es letztendlich bei einer Lebererkrankung oder jeglicher sonstigen Krankheit immer einen genetischen und einen umweltbedingten Anteil gibt. Es gibt bestimmte Gene, die bei Lebererkrankungen mitwirken. Aber damit diese Gene eine Lebererkrankung verursachen, müssen sie sich exprimieren, müssen sie ihre schädliche Wirkung entfalten können. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wenn jemand einen Risikofaktor hat, bei Alkohol oder Übergewicht einen Leberschaden zu erleiden, dann werden sich diese Gene nicht exprimieren, solange er keinen Alkohol konsumiert oder wenn er sich gesund ernährt. Wenn im Gegenteil jemand die schlechten Gene hat und etwas Alkohol zu sich nimmt, dann wird das eine Lebererkrankung auslösen, während sein Kumpel neben ihm die gleiche oder sogar eine größere Menge Alkohol oder Junkfood konsumiert und dieser nicht erkranken wird. Sie können natürlich Ihre Gene nicht verändern. Und wenn Sie ein negatives Genkapital haben, dann können Sie hingegen dessen Entfaltung durch Ihre Lebensweise verhindern.